Neues Angebot für Menschen mit Autismus in Erfurt

Offizielle Eröffnung der Einrichtung AWO KompASS

Die AWO Thüringen hat in Erfurt ihr Angebot für Menschen mit Autismus neu ausgerichtet. In der am Dienstag, 18. Februar eröffneten Einrichtung AWO KompASS im Hansa Haus ermöglichen erstmals sogenannte „Personenzentrierte Komplexleistungen“ Menschen im Autismus-Spektrum mehr Selbstbestimmung und Akzeptanz. 

Der innovative Ansatz der Personenzentrierten Komplexleistung steht für einen wegweisenden Paradigmenwechsel: weg von standardisierten, institutionellen Lösungen hin zu einer individuell zugeschnittenen, agilen und ortsunabhängigen Assistenz im Sozialraum des jeweiligen Klienten. 

Die Einrichtung AWO KompASS in der Trägerschaft der AWO AJS gGmbH ist dabei kein kompletter Neustart: Bereits seit 1995 hat die AWO autistische Kinder in Gruppen- und Einzelförderangeboten begleitet – angefangen mit den Kleinsten aus der Kita bis hin zur späteren Erweiterung auf alle Altersgruppen sowie der Gestaltung und Etablierung von Freizeitangeboten. Bis ins vergangene Jahr hinein waren diese Angebote im Thüringenhaus in Erfurt zu finden.

„Mit der Zeit“, so Einrichtungsleiterin Michèle Günther, „haben sich aber nicht nur unsere Angebote verändert, sondern insgesamt der Blick auf das, was wir tun:
Autismus wurde lange Zeit ausschließlich aus einer defizitorientierten Perspektive betrachtet. Doch mit wachsendem Wissen haben wir verstanden, dass es nicht darum geht, eine vermeintliche Störung zu beheben oder anzupassen, sondern darum, unterschiedliche neurobiologische Veranlagungen anzuerkennen und die Umgebung so zu gestalten, dass alle Menschen sich darin entfalten können.“ 

Autisten haben eine eigene Wahrnehmung von Zeit, Raum, Distanz und Tempo. Die AWO möchte ihnen mit der neuen Einrichtung einen Raum bieten, in dem sie nicht erst beweisen müssen, dass sie dazugehören, sondern in welchem sie mit ihren individuellen Stärken, ihrer Wahrnehmung und ihrem eigenen Tempo respektiert werden. 

„Es darf nicht länger darum gehen, neurodivergente Menschen an eine neurotypische Welt anzupassen, sondern darum, Strukturen und Haltungen zu verändern – in Kitas, in Schulen, am Arbeitsplatz, in der Gesellschaft – in Erfurt. Das bedeutet für uns: Wir müssen aufklären, Barrieren abbauen, soziale Räume aktiv gestalten und individuelle Räume schaffen, die es ermöglichen, selbstbestimmt zu leben.

Und genau hier setzt die Personenzentrierte Komplexleistung an: sie gibt uns die Flexibilität, nicht an standardisierte Angebote oder Institutionen gebunden zu sein, sondern Assistenz dort ausschließlich wirkungsorientiert anzubieten, wo sie gebraucht wird – nämlich im Sozialraum der Leistungsberechtigten“, so Geschäftsführerin Katja Glybowskaja, die zur Eröffnung der Einrichtung eine neue Tischtennisplatte für die künftige Freizeitgestaltung mitbrachte.
 

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